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Zukunftssichere Datenverschlüsselung

Sicherheitsforscher*innen des Exzellenzclusters CASA gewinnen weltweiten NIST-Standardisierungsprozess zur Post-Quanten-Kryptographie. Damit werden in Bochum entwickelte Verschlüsselungsverfahren, die auch Quantencomputer nicht brechen können, in den USA zum Standard.

Die unter anderem von Peter Schwabe (links) und Eike Kiltz (rechts) entwickelten kryptographischen Verfahren können zukünftige Bedrohungen für die digitale Infrastruktur durch Quantencomputer abwehren. Copyright: RUB, Michael Schwettmann

Das Verfahren SPHINCS+ haben zudem die CASA Professor*innen Daniel J. Bernstein (ehemaliger CASA PI) und Tanja Lange mitentwickelt. Copyright: CASA

Auch wenn Quantencomputer, wie dieser von IBM, noch Zukunftsmusik sind: Die Verschlüsselung unserer Daten ist mit den Verfahren der Expert*innen aus dem Exzellenzcluster CASA gesichert. Copyright: stock.adobe.com: AA+W

Eine sichere verschlüsselte Kommunikation ist die Grundlage für eine global vernetzte mobile Welt. Doch je näher Quantencomputer, extrem leistungsfähige Rechner, in eine realistische Reichweite rücken, desto greifbarer werden auch die Gefahren für die IT-Sicherheit. Das US-amerikanische National Institute for Standards and Technology (NIST) hat diese Gefahren durch Quantencomputer für eine sichere Datenverschlüsselung erkannt und bereits 2016 einen Prozess zur Standardisierung von quantencomputerresistenten kryptographischen Verfahren gestartet.

Forschungsgruppen aus aller Welt reichten Konzepte für neue Verschlüsselungsverfahren ein, 15 schafften es ins Finale des Wettbewerbs. Drei der vier nun final ausgewählten Einreichungen wurden von Forscher*innen aus dem Exzellenzcluster CASA „Cyber Security in the Age of Large-Scale Adversaries“ an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) entwickelt, welches das Ziel verfolgt, nachhaltige IT-Sicherheit gegen großskalige, insbesondere nationalstaatliche Angreifer zu ermöglichen. Sie haben damit einen weltweit anerkannten Standardisierungswettbewerb gewonnen, der die quantencomputerresistenten Verschlüsselungsverfahren der Zukunft maßgeblich prägen wird.

Sichere Verschlüsselung für die Rechner von morgen
Die von der Bundesbehörde zertifizierten Standards werden erfahrungsgemäß von zahlreichen Unternehmen und Online-Diensten, wie Amazon, Paypal oder Google übernommen, da sie als besonders sicher gelten. „Sie stellen einen besseren Schutz für die digitale Kommunikation dar – gerade, weil Quantencomputer die bisherigen Verschlüsselungsmethoden und Signatursysteme aushebeln würden“, sagt Prof. Eike Kiltz, CASA-Sprecher und ebenfalls Forscher in den Verfahrens-Vorschlägen CRYSTALS-KYBER und CRYSTALS-DILITHIUM. Neben ihm sind die CASA-Professor*innen Tanja Lange, Peter Schwabe sowie Daniel J. Bernstein (ehemaliger CASA PI) an den ausgewählten Verfahren beteiligt. „Der neue NIST-Standard wird sicherlich eines der einflussreichsten Dokumente in der IT-Sicherheit werden“, so Eike Kiltz weiter.

Datensicherheit in der Quantenwelt
Wann die ersten leistungsfähigen Rechner jedoch tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen, ist noch ungewiss. Klar ist aber: „Quantencomputer können die beiden mathematischen Operationen lösen, auf denen heutige asymmetrischen kryptographische Methoden beruhen – die bisherige Sicherheitsinfrastruktur wird damit quasi wertlos“, sagt Prof. Peter Schwabe, CASA-Forscher und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre (MPI-SP).

Aus diesem Grund hat das NIST im Jahr 2016 damit begonnen, geeignete Ersatzverfahren für die aktuelle Generation von Verschlüsselungsmethoden zu identifizieren und schließlich zu standardisieren. Diese nächste Generation kryptographischer Algorithmen wird als „Post-Quanten-Kryptographie“ bezeichnet. Das NIST wählte für diese Bemühungen einen offenen Aufruf zur Einreichung verschiedener Ansätze. In den vergangenen fünf Jahren wurden 69 Vorschläge sorgfältig auf ihre Sicherheit, Effizienz und andere Implementierungsmerkmale hin analysiert.

Das Verfahren CRYSTALS-KYBER ermöglicht den sicheren Schlüsselaustausch über unsichere Kommunikationskanäle wie etwa dem Internet. Die SPHINCS+ und CRYSTALS-DILITHIUM Verfahren, sogenannte digitale Signaturen, werden verwendet, um die Authentizität von Daten und Absendern zu garantieren. Diese Verfahren, die nun vom NIST ausgewählt wurden, stellen zwei unterschiedliche Funktionalitäten. „Die entwickelten Verfahren zeigen, wie wichtig eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Grundlagenforschung und einer anwendungsorientierten Forschung ist, damit auch zukünftig die Verschlüsselung unserer Daten nachhaltig sicher ist“, erläutert Eike Kiltz.

Europäische Behörden dürften sich der NIST-Standardisierung anschließen
Es ist zu erwarten, dass das NIST mit seiner Entscheidung für die USA und Europa Standards setzen wird. „Die europäischen Behörden prüfen die vom NIST ausgewählten Verfahren zwar auch noch, schließen sich aber erfahrungsgemäß der Einschätzung ihrer US-Kollegen an, wenn sie keine Sicherheitslücken finden“, sagt Peter Schwabe. Grund dafür ist der verschlüsselte Datenaustausch von US-amerikanischen und europäischen Diensten, der anderenfalls nicht mehr möglich wäre. Auch wenn es noch einige Jahre dauern dürfte, bis ausreichend große Quantencomputer tatsächlich zum Einsatz kommen – die zukünftige Verschlüsselung ist mit den in Bochum entwickelten Verfahren sicher.

Auf einen Blick:
Folgende Verfahren werden standardisiert:

Schlüsselaustauschverfahren:
CRYSTALS-KYBER

Digitale Signaturen:
CRYSTALS-DILITHIUM
Falcon
SPHINCS+

Weitere Informationen
NIST Report on the Third Round of the NIST Post-Quantum Cryptography Standardization Process.
Presseinformation der NIST.

Über Quantencomputer
Quantencomputer sind hochleistungsstarke Rechner. Klassische Bits, mit denen normale Computer rechnen, können nur die Werte 0 oder 1 annehmen. Beim Quantencomputer erledigen Qubits diese Rechenarbeit: Dessen Prozessor, der die Gesetze der Quantenmechanik nutzt, arbeitet mit Qubits, welche in der Lage sind gleichzeitig beide Werte anzunehmen. Bestimmte Operationen, wofür herkömmliche Rechner zehntausende Jahre benötigen würden, können so von Quantencomputern in wenigen Sekunden gelöst werden. Bisherige Verschlüsselungs- und Signaturverfahren sind damit brechbar und sensible Daten wären ungeschützt.

Pressekontakt
Prof. Dr. Eike Kiltz
Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit
Lehrstuhl für Kryptographie
Fakultät für Informatik
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 25513
E-Mail: eike.kiltz(at)rub.de

Prof. Dr. Peter Schwabe
Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre, Bochum
Radboud Universität, Nijmegen
E-Mail: peter.schwabe(at)mpi-sp.org

Allgemeiner Hinweis: Mit einer möglichen Nennung von geschlechtszuweisenden Attributen implizieren wir alle, die sich diesem Geschlecht zugehörig fühlen, unabhängig vom biologischen Geschlecht.