Sprachforscher Steffen Hessler untersucht, wie IT-Experten und normale Nutzer besser kommunizieren können.
Wie gut, wenn ein Profi kommt, wenn es der Rechner nicht tut. Aber wie kompliziert, wenn er oder sie dann erklärt, was man das nächste Mal selbst tun könnte, wenn es hakt. Es gibt Gründe dafür, dass das Gehirn von Nutzern auf Durchzug schaltet, sobald IT-Experten zu einer Erklärung angehoben haben. Steffen Hessler, der seine Doktorarbeit im Fortschrittskolleg Sec-Human schreibt, erforscht sie. Und er untersucht, wie die Kommunikation besser funktionieren könnte.
Warum ist es für IT-Spezialisten und normale Nutzer so schwierig, einander zu verstehen?
IT-Spezialisten sprechen und schreiben sehr fachsprachlich. Fachsprachen sind stark standardisiert und normiert – im Gegensatz zu zum Beispiel Dialekten – und ermöglichen es Experten, sehr effizient zu kommunizieren.
Der Gebrauch von Fachsprache steigert auch die Akzeptanz in einer Gruppe. Darin gleichen Fachsprachen auch Varietäten – das sind verschiedene Sprachlagen wie Soziolekte, Dialekte oder auch die Jugendsprache. Eine Jugendliche redet mit ihren Eltern anders als mit ihren gleichaltrigen Freundinnen und Freunden. Wenn sie sich um ein Praktikum bewirbt, wird sie mit der oder dem Vorgesetzten wieder anders kommunizieren als mit den beiden erstgenannten Gruppen. Wir passen also in der Regel unser sprachliches Register der jeweiligen Situation oder Gruppe an. In der alltäglichen Kommunikation passiert das automatisch.
Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass die Kommunikation eher knapp gehalten wird.
Hier ist der Ansatz meiner Forschung: Fachsprachen sind wichtig, jedoch sollte die Kommunikation zielgruppengerecht angepasst werden.
Was macht die Sprache von IT-Experten aus?
Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass die Kommunikation eher knapp gehalten wird. Man möchte effizient und sprachökonomisch kommunizieren. IT-Fachleute verwenden sehr häufig auch in fachfremden Kontexten fachspezifische Abkürzungen, wie zum Beispiel 3C. 3C steht für CCC. Das ist wiederum eine Abkürzung für Chaos Computer Club beziehungsweise Chaos Communication Congress. Allerdings erreichen die Experten so leider oft das Gegenteil, da Informationen womöglich verloren gehen.
Im interdisziplinären Austausch ist es wichtig, dass die Kommunikation auf einer gemeinsamen Basis stattfindet. Da ich aus dem Bereich der Linguistik komme und mit IT-Spezialisten und Forscherinnen und Forschern aus anderen technischen Bereichen zusammenarbeite, ist diese Forschung für mich doppelt interessant.
Fachsprachliche Bereiche profitieren von Modellsprechern, an denen man sich orientiert.
Einerseits versuche ich dazu beizutragen, eine bessere und effizientere Zusammenarbeit zu ermöglichen. Hier arbeiten Fachbereiche miteinander, bei denen erst ergründet werden muss, wo Gemeinsamkeiten und Unterschiede liegen. Andererseits ist es für meine Dissertation, die Linguistik und IT-Sicherheit miteinander verbindet, essenziell, zu erforschen, wie Informationen aus dem jeweils anderen Fachbereich nutzbar gemacht werden können.
Wie könnte es mit der Verständigung besser klappen?
Die kodierte Fachsprache muss zu einem gewissen Grad aufgebrochen werden, sodass die Beteiligten zielgruppengerecht kommunizieren können. Das sprachliche Verhalten sollte der jeweiligen Kommunikationssituation angepasst werden. Natürlich muss einer Sprecherin oder einem Sprecher dann klar sein, dass man mit fachfremden Leuten anders reden sollte, um gelungene Kommunikation zu ermöglichen. Also versetzt man sich in gewisser Weise in die Lage des anderen.
Andere fachsprachliche Bereiche profitieren außerdem von Modellsprechern, an denen man sich orientiert. In der Standardsprache sind das Nachrichtensprecher, Tageszeitungen, Professoren, also Kommunikationsteilnehmer mit hohem Prestige.
Begriffe sollten eindeutig sein.
Die Einheitlichkeit ist ebenso essenziell wie die Etablierung gewisser Kommunikationsstandards. Begriffe sollten eindeutig sein.
Auf IT-Tagungen wird immer wieder davon berichtet, dass die Kommunikation zwischen verschiedenen Bereichen eines Unternehmens nicht funktioniert. Das führt zu Missverständnissen, Versäumnissen oder sogar dazu, dass bestimmte Ideen nicht umgesetzt werden. Gerade im Bereich der IT-Sicherheit kann das schwerwiegende Folgen haben. Linguisten können hier helfen, die Kommunikation effizienter zu gestalten.
Das Fortschrittskolleg Sec-Human
Seit Juli 2016 fördert das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung das NRW-Fortschrittskollegs Sec-Human an der Ruhr-Universität in Kooperation mit der Technischen Universität Dortmund und der Fachhochschule Dortmund. Ziel ist der Brückenschlag zwischen theoretischer IT-Sicherheit und ihrer praktischen Anwendung im täglichen Leben.
13 Doktorandinnen und Doktoranden bearbeiten interdisziplinäre Fragen rund um das Leitthema „Sicherheit für Menschen im Cyberspace“. Hochschullehrerinnen und -lehrer aus den Bereichen Elektrotechnik, Mathematik, Medienwissenschaft, Germanistik, Anthropologie, Jura, Sozialwissenschaft und Pädagogische Psychologie sowie eine Gruppe von Praxispartnern unterstützten sie dabei.
Allgemeiner Hinweis: Mit einer möglichen Nennung von geschlechtszuweisenden Attributen implizieren wir alle, die sich diesem Geschlecht zugehörig fühlen, unabhängig vom biologischen Geschlecht.