Es surrt, rappelt und brummt, zwischendurch sind Rufe von Affen zu hören: Das Kunstwerk APES zieht schon allein aufgrund seiner Geräuschkulisse die Blicke auf sich. Doch was haben die vier technischen Affen, die an einem über zwei Meter hohen Turm aus Traversen rütteln, und die darüber aufleuchtenden Bildschirme mit IT-Sicherheitsforschung zu tun?
Am vergangenen Donnerstag, 28. April 2022, wurde auf dem Campus der Ruhr-Universität Bochum (RUB) der Abschluss der Künstlerresidenz „RE:SEARCHING IT SECURITY“ gefeiert und das im Rahmen der Residenz entstandene Kunstwerk vorgestellt. Das Kunstwerk mit dem Titel APES wurde von Marco Barotti in Zusammenarbeit mit Forscher*innen des Exzellenzclusters „CASA – Cyber Security in the Age of Large-Scale Adversaries“, des Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit (HGI) und des Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre (MPI) geschaffen. Über viele Wochen hinweg hatten sie sich digital und auf dem Campus der RUB getroffen und über Forschungsthemen und Zukunftsvisionen, über Arbeitsprozesse und Ziele diskutiert. Gesprächsthemen, Impulse und Denkanstöße rund um die Themen Datenschutz, Überwachung und digitale Evolution fanden so ihren Weg in das Kunstwerk.
APES: Kinetische Skulpturen – angetrieben von Datenkonsum und Cyberangriffen
Mit „APES“ ist im Laufe der Residenz eine Sammlung kinetischer Klangskulpturen entstanden: Aus recycelten Wi-Fi-Sektorantennen wurden vier Primaten hergestellt, die an einem 2 ½ Meter hohen Turm aus Traversen befestigt sind und von Algorithmen gesteuert werden. Bildschirme über ihren „Köpfen“ zeigen stetig steigende Zahlen zum Datenverbrauch (z.B. durch Google-Suchanfragen, gesendete E-Mails und Tweets) und zu Cybersecurity-Ereignissen. Wenn die Zähler bestimmte Schlüsselwerte erreichen, färben sich die Bildschirme rot, und die Skulpturen gebe Affenrufe von sich. Diese Rufe wurden eigens von CASA-Forscher*innen als Deepfakes realer Affenrufe für das Kunstwerk erstellt. Ausgehend von der Idee des Überwachungskapitalismus und des Datenkonsums sind die Affen so programmiert, dass sie sich nach Mustern bewegen, die von eben diesen Zahlen bestimmt werden. Symbolische Pausen von Datenkonsum und -verwertung gibt es, wenn das Kunstwerk gänzlich stoppt: „Digital Wellbeing“ erscheint dann auf den Bildschirmen; ein weiteres Forschungsgebiet, mit dem sich CASA-Forscher*innen beschäftigen. Ergänzt werden die Klangskulpturen durch Videointerviews, die während der Künstlerresidenz mit den beteiligten Forscher*innen geführt wurden.
Potenzial im Spannungsfeld von Kunst, Technologie und Gesellschaft
Auch am Abend der Präsentation kamen die Forscher*innen zu Wort und berichteten in einer Paneldiskussion darüber, wie der Austausch mit Marco Barotti ihre Arbeit beeinflusst hat. So wurde schnell festgestellt, dass auch die IT-Sicherheitsforschung sehr stark von Kreativität lebt und schöpferische Prozesse in beiden Disziplinen ähnlich verlaufen. Auch über anfängliche Berührungsängste und Vorbehalte zu Beginn des Projekts wurde gesprochen. Dass so ein Austausch zwischen Kunst und Wissenschaft auch langfristig eine sehr prägende Wirkung haben kann, hob insbesondere Professor Günther Meschke, Prorektor für Forschung und Transfer, am Beispiel der Stadt Linz und der dort stattfindenden ars electronica hervor. Das Kunstfestival fördert seit 1979 Kunst in enger Verbindung mit (digitaler) Technik mit Blick auf gesellschaftlich relevante Fragestellungen. Passenderweise ist die ars electronica eine der nächsten Stationen, die das Kunstwerk APES auf seiner nun startenden Reise zu internationalen Kunstfestivals besuchen wird.
Weitere Informationen
Zum Kunstwerk: https://www.marcobarotti.com/apes
Zur Projektwebsite: https://casa.rub.de/outreach/kuenstlerresidenz
Über den Künstler
Marco Barotti ist ein in Berlin lebender Medienkünstler. Nach seinem Musikstudium an der Siena Jazz Academy begann er, Klang mit visueller Kunst zu verbinden. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt dabei auf dem Schaffen "technischer Ökosysteme", die mit Analogien zu Tieren und Pflanzen spielen. Seine Kunst-werke dienen als Metapher für die Auswirkungen menschlichen Verhaltens auf unseren Planeten und sol-len das Bewusstsein für ökologische und soziale Fragen schärfen.
Allgemeiner Hinweis: Mit einer möglichen Nennung von geschlechtszuweisenden Attributen implizieren wir alle, die sich diesem Geschlecht zugehörig fühlen, unabhängig vom biologischen Geschlecht.